Aktuelles

Nahwärmeprojekt in Cappel kann nicht realisiert werden –
Verein wird aufgelöst

Marburg, den 24. Februar 2025 – Die Mitgliederversammlung vom 11. Februar 2025 hat einstimmig die Auflösung des Vereins Nah-Wärme in Cappel e.V. beschlossen. Der Verein hatte insbesondere die Absicht verfolgt, im Bereich der oberen Moischter Straße bis zu 100 Haushalte an ein Nahwärmenetz anzuschließen. Es sollte in den Sommermonaten mit Hilfe von Solarkollektoren die Sonnenwärme einfangen und in einem Erdsondenfeld bis zum Winter speichern. So könnte den Angeschlossenen auch in kalten Wintern Heizung und Warmwasser auf eine nachhaltige, CO2-arme und kostengünstige Weise zur Verfügung gestellt werden. Derartige Nahwärmenetze sind an vielen Orten bereits erfolgreich realisiert worden. Das Vorhaben stieß in der Nachbarschaft in Cappel auf überwiegend positive Resonanz.

Das Projekt ist indessen aus zwei Gründen gescheitert: Zum einen hatte die Stadt Marburg zwar erfreulicherweise eine Machbarkeitsstudie für das Nahwärme-Projekt in Auftrag gegeben. Die beauftragte Firma hatte jedoch nach Auffassung der Experten des Vereins entscheidende Fehlannahmen getroffen, die in einer zweiten Fassung auch korrigiert wurden, allerdings nur teilweise. Insbesondere aber lehnte sie es ab, eine Berechnung der Effektivität des Erdsondenfelds vorzunehmen, also eines entscheidenden Elements des ganzen Vorhabens. Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen waren daher mangelhaft und nicht aussagekräftig.

Zum anderen braucht man für die Realisierung eines solchen Vorhabens in gewissem Umfang Freiflächen – für die Aufstellung der Solarkollektoren und für die Einrichtung des Erdsondenfelds. Für die Nutzung der einzigen, hierfür geeigneten Flächen haben die Stadt Marburg und die Stadtwerke inzwischen andere Verwendungen beschlossen. Auf den Feldern südlich des neuen Friedhofs in Cappel soll nun ein Photovoltaikkraftwerk der Stadtwerke gebaut, auf dem Bolzplatz, unter dem das Erdsondenfeld hätte installiert werden können, eine Kindertagesstätte errichtet werden. Seitens der Verantwortlichen wurde erklärt, man werde von den Flächen des Photovoltaikkraftwerks keinen Teil reservieren in einer Größe, wie sie aus Sicht des Vereins für das Nahwärmeprojekt benötigt wird. Auch wird inzwischen eine erheblich größere Kindertagesstätte geplant als zunächst mitgeteilt worden war. Die verschiedentlich zu hörenden Angaben, diese Vorhaben würden das Nahwärmeprojekt nicht beeinträchtigen, sind nicht zutreffend. Die aktuelle Planungs- und Beschlusslage macht die Realisierung des Nahwärmeprojekts nach Auffassung des Vereins unmöglich

 

Oktober 2023: Unser erstes Bolzplatzfest

Alle, die da waren, waren von unserem Bolzplatzfest am Samstag, dem 7. Oktober 2023, sehr angetan; alle, die nicht da waren, haben etwas verpasst.

Unser Vereinszweck schließt ja auch den Gedanken guter Nachbarschaft mit ein (Nahwärme eben auch im sozialen Sinne), und das Fest wurde von vielen Menschen als gute Gelegenheit angenommen, einander zu treffen, kennenzulernen, gemütlich bei Kaffee und Kuchen zu quatschen und sich über den aktuellen Stand der Vorbereitungen zum Nahwärmenetz zu informieren. Unser Projekt wird wahrgenommen! Auch Bürgermeisterin Nadine Bernshausen, Ortsvorsteher Peter Hesse und (unser Nachbar) Karsten McGovern, Geschäftsführer der Landesenergieagentur,
waren mit von der Partie,

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In unserer Pressemitteilung haben wir das Fest so beschrieben:

Nachbarschaftsfest fürs Nahwärmenetz

Marburg, den 11. Oktober 2023 Fast einhundert Menschen aus dem Viertel um die obere Moischter Straße tummelten sich beim Bolzplatzfest am 7. Oktober, zu dem der Verein „Nahwärme in Cappel e.V.“ eingeladen hatte. Bei Kaffee und Kuchen gab es Gelegenheit zum Austausch über dies und das, aber auch jede Menge Informationen über das zentrale Projekt des Vereins. Ein vom Vereinsvorsitzenden Gerhard Hofmann gebautes Modell machte plastisch erfahrbar, wie das Nahwärmenetz funktionieren könnte. Solarthermiekollektoren erhitzen in den Sommermonaten Wasser, das in einem großen Speicher die Hitze hält und über den Winter die angeschlossenen Haushalte mit Warmwasser für Dusche und Heizung versorgt. „Es gibt viele Beispiele solcher Anlagen in Deutschland und europaweit,“ erklärte Hofmann. „Wir müssen global von der Verbrennung fossiler Rohstoffe wegkommen, so schnell es geht. Auch wenn unser kleines Projekt allein die Welt nicht retten wird – wenn es in der Nachbarschaft das Heizen dauerhaft billiger macht, dann ist doch allen geholfen.“ Großes Interesse an den Aussichten einer Nahwärmeversorgung mit Sonnenenergie zeigten auch Bürgermeisterin Nadine Bernshausen, Ortsvorsteher Peter Hesse und Dr. Karsten McGovern, selbst Vereinsmitglied und Geschäftsführer der Hessischen Landesenergieagentur.

Das Projekt soll Fahrt aufnehmen, wenn eine externe Machbarkeitsstudie die technischen Voraussetzungen und die finanziellen Folgen zuverlässig dargelegt haben wird. Von diesen Ergebnissen wird es abhängen, ob und wie man das Vorhaben umsetzen kann. Die Studie wird von der Stadt Marburg finanziert, die auch die Auswahl unter den Ingenieurbüros trifft, die sich beworben haben. Die Gäste hatten jedenfalls viel Spaß, unter anderem auch bei zwei Quizrunden rund um alltägliche Energiethemen. Die Preise hatten Cappeler Geschäftsleute gestiftet.

 

Juni 2023: Die erste öffentliche Informationsveranstaltung

Ein spannender Abend im Paul-Gerhard-Haus. In unserer Pressemitteilung haben wir die Informationsveranstaltung so zusammengefasst:

„Das spannendste Nahwärmeprojekt Deutschlands!“
Fast einhundert Cappeler informieren sich über geplantes Nahwärmeprojekt

Marburg, den 29. Juni 2023 – „Dies ist wahrscheinlich das derzeit spannendste Nahwärmeprojekt in Deutschland“, ermutigte Prof. Dr. Clemens Hoffmann vom Institut für Integrierte Energiesysteme der Uni Kassel die fast einhundert Cappeler Anwohnerinnen und Anwohner, die zur Informationsveranstaltung des Vereins Nahwärme in Cappel e.V. ins Paul-Gerhard-Haus gekommen waren. Dank einer Reihe informativer Vorträge rund um das Thema Wärmewende erhielten sie Einblick in Bedingungen und Chancen für den Einsatz Erneuerbarer Energien beim Heizen allgemein und insbesondere in den Stand des Cappeler Nahwärmeprojekts. Der Ende 2022 gegründete Verein strebt die Errichtung eines komplett solar betriebenen Nahwärmenetzes im Quartier rund um die obere Moischter Straße an.

Dass das Verbrennen fossiler Rohstoffe zu Heizzwecken keine Zukunft habe, das hatte der Vorstand des Vereins bereits zu Beginn unterstrichen: Die gravierenden Folgen des Klimawandels, die Abhängigkeit von den Förderländern und der derzeitige und künftige rasante Preisanstieg für Öl, Gas und Holz mache ein Umdenken unabweislich. Individuelle Umrüstung müssten die einzelnen stemmen, eine kollektive Lösung wie das geplante Nahwärmenetz verteile die Last auf viele Schultern und bringe auch finanzielle Vorteile.

Einen wesentlichen Beitrag könne bereits eine verbesserte Dämmung der Gebäude leisten, unterstrich zu Beginn Thomas Kopp vom Fachdienst Klimaschutz der Stadt Marburg. Er stellte Ansatzpunkte für mögliche energetische Sanierungsmaßnahmen vor und fächerte das breite Hilfsangebot der Stadt und übergeordneter Stellen auf. Von der ersten Bestandsaufnahme bis zur Umsetzung unterstütze die Stadt mit Rat und Tat. Auch wenn es um die reichhaltigen finanziellen Fördermöglichkeiten gehe, haben die marburger Berater den Überblick und können auch auf städtische Fördertöpfe zugreifen.

Prof. Dr. Sören Becker von der Philipps-Universität Marburg stellte seine Forschungen zur Akzeptanz erneuerbarer Energien vor. Soziale Akzeptanz sei in Deutschland grundsätzlich gegeben; die ökonomische Akzeptanz hänge von den anfallenden Kosten im Verhältnis zu den erwartbaren Vorteilen und Erträgen ab; und die lokale Akzeptanz zeige sich im Engagement vor Ort und der Kommunikation in der Nachbarschaft, die ja durch Informationsschriften und -veranstaltungen wie die des Vereins Nahwärme hergestellt werden.

Die physikalischen Grundlagen der Wärmewende stellte Prof. Dr. Clemens Hoffmann an den Anfang seines kurzweiligen Vortrags und zeigte auf, wie unbedacht wir meist im Alltag auf Schalter drücken: Die Energie, die ein Wasserkocher braucht, um einen Liter Wasser auf 100 Grad zu erhitzen, würde ausreichen, um ihn in 36 km Höhe zu schießen. Aber die Gesetze der Thermodynamik ermöglichen es auch, zum Beispiel das Heizen mit viel geringerem Energieaufwand zu bewerkstelligen als bisher. Diesen Paradigmenwechsel der Wärmewende, hin zum Heizen mit niedrigen Temperaturen, bringe erhebliche ökologische, aber auch ökonomische Vorteile. Denn „durch Kombination zweier Maßnahmen, der saisonalen Verschiebung solarer Wärme und der Anwendung des Prinzips der Wärmepumpe kann man eine zukünftige Wärmeversorgung schaffen, die fast keine Betriebskosten mehr hat“, führte Hoffmann aus. Das Cappeler Projekt fuße auf diesen Einsichten, sei bereits sehr durchdacht und innovativ. Er bot an, den weiteren Verlauf nah zu begleiten und tatkräftig zu unterstützen.

Abschließend erläuterte Gerhard Hofmann, der Vorsitzende des Vereins Nahwärme in Cappel, mit vielen Details, wie das Projekt als Idee entstand, welche Vorteile seine Umsetzung für die Teilnehmenden bieten wird und welche technischen Komponenten benötigt werden. Ein Feld von Solarkollektoren erhitzt im Sommer große Mengen klaren Wassers ohne chemische Zusätze. Das warme Wasser kann in ein Erdsondenfeld, also einen unterirdischen Speicher, geleitet werden. Im Winter wird dieses warme Wasser über ein Rohrleitungsnetz nach Bedarf in die einzelnen Häuser gepumpt, wo es für Heizung und Warmwasser verwendet werden kann. Dass ein solches Nahwärmenetz funktioniert, das zeigen bereits einige Praxisbeispiele. Ob und wie das Vorhaben in Cappel umgesetzt werden kann, das soll sobald als möglich eine Machbarkeitsstudie zeigen. Sie wird durch die Stadt Marburg ausgeschrieben und finanziert.

In einer lebhaften Diskussion im Auditorium konnten weitere Details geklärt, und Anregungen und Einwände besprochen werden. Der Verein rief dazu auf, die Machbarkeitsstudie durch Mitteilung von Verbrauchsdaten, aber auch durch aktive Mitarbeit zu unterstützen und kündigte an, die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie auf einer nächsten Veranstaltung zur Diskussion zu stellen.

Letzte Änderung: 07.05.25


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