Technik

Größenordnung des Projektes

Wir gehen von einem Jahreswärmebedarf von 1,5 GWh aus. Die Bestandsaufnahme läuft gerade. Das wären etwa 100 Wohneinheiten zu je 15 MWh. Die Länge des Wärmenetzes beträgt 3km, und beinhaltet 70 Hausanschlüsse. Etwa 3500m² bis 4000m² Sonnenkollektoren sollten die benötigte Wärmemenge liefern.

Der Speicher

Der saisonale Speicher ist natürlich das zentrale Element des Wärmenetzes. Hier wird zunächst nur der Erdsondenspeicher betrachtet.

Funktionsweise

Eine Erdsonde ist eine tiefe Bohrung, die ein U-förmiges Rohr enthält und mit Beton gefüllt ist. Durch das Rohr fließt Wasser, welches seine Wärme an das umgebenden Erdreich abgibt oder die Wärme des Erdreichs aufnimmt. Viele solcher Erdsonden werden in einem Raster platziert und bilden das Erdsondenfeld. Das gesamte von den Erdsonden durchdrungene Volumen kann sehr große Energiemengen aufnehmen. Die Wärmeverluste sind bei großen Volumina sehr gering1. Zum Speichern der Wärme wird also warmes Wasser durch die Erdsonden gepumpt, zum Entleeren des Speichers fließt kaltes Wasser durch die Erdsonden und nimmt die Wärme des Erdreichs wieder auf.

Rechtliche und ökologische Voraussetzung

Während einzelne Erdsondenbohrungen in unserem Gebiet keine Genehmigungen mehr brauchen, muss ein Erdsondenfeld dieser Größenordnung als Einzelfall genehmigt werden. Zuständig sind die Wasserbehörden und das Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Das Umweltbundesamt hat in der Broschüre mit dem Titel „Auswirkungen thermischer Veränderungen infolge der Nutzung oberflächennaher Geothermie auf die Beschaffenheit des Grundwassers und seiner Lebensgemeinschaften – Empfehlungen für eine umweltverträgliche Nutzung2“ dafür ausführlich Stellung genommen. Verschiedene grundwasserführende Schichten dürfen durch eine Bohrung nicht miteinander in Verbindung gebracht werden. Es wäre sicherlich eine Probebohrung notwendig, um die ökologische Verträglichkeit eines Speichers zu überprüfen.

Technische Voraussetzung

Neben der Wärmeleitfähigkeit und der Wärmekapazität des Untergrunds ist der Grundwasserfluss eine wichtige Größe. Wenn der Grundwasserfluss zu groß ist, würde die gespeicherte Wärme mit der Zeit wieder abgeführt, der Untergrund wäre also nur schlecht zur Speicherung von Wärme geeignet. Auch das lässt sich nur mit einer Probebohrung feststellen, wobei fraglich ist, ob der sogenannte „Thermal Response Test“ aussagekräftig genug ist, oder ob dazu drei Bohrungen notwendig sind.

Dimensionierung

Ausgehend von einer spezifischen Wärmekapazität von Sandstein von 710 J/(kg * K) und einem spezifischen Gewicht von 2200 kg/m³ würde man bei einem Durchmesser von 50m und einer Bohrtiefe von 100m, also einem Volumen von ca. 200.000 m³ bei einem Grad Temperaturunterschied 200000*710*2200 J Energie speichern also ca. 86 MWh, somit würden 12° Temperaturerhöhung 1 GWh speichern. Das ist in etwa die angestrebte Kapazität. Natürlich sind die Speicherverluste zu berücksichtigen, wie auch die Tatsache, dass man den Speicher nicht gleichmäßig erwärmt, sondern in der Mitte wesentlich wärmer hält als am Rand. Diese zahlen dienen also nur der Versicherung, dass die Speicherkapazität leicht genügen würde.

Anders sieht es mit der Leistung des Speichers aus, also wie schnell die Energie gespeichert bzw. entnommen werden kann. Das hängt von der Wärmeübertragung der Erdsonden und der Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs ab. Wenn wir 61 Erdsonden a 100m Länge, angeordnet in einem hexagonalen Raster mit 5m Abstand der Sonden untereinander betrachten, so kommen wir bei einer angenommenen Wärmeübertragung von 50W/m auf gut 300 kW Übertragungsleistung. Das wären also nur 3 kW pro Wohneinheit, was zunächst etwas knapp erscheint. Aber durch den Gleichzeitigkeitsfaktor sollten 61 Erdsonden genügen.

Anordnung der Sonden

Die Sonden werden in einem Hexagonalen Raster angeordnet, wie hier auf dem Umriss des Bolzplatzes abgebildet. Dabei fließt beim Aufladen des Speichers mit Wärme das warme Wasser zuerst durch die mittlere Sonde, danach durch die weiter außen liegenden. So Wird die Mitte des Speichers am wärmsten.

Die Sonden werden in mehreren Gruppen zusammengefasst. Die Stränge laufen in einer zentralen Stelle zusammen. Dort kann durch Öffnen bzw. Schließen von Ventilen auch Teile des Speichers angesprochen werden.

Rohrmaterial für die Sonden

Für höhere Temperaturen werden Rohre aus vernetztem Polyethylen (PE-X) verwendet. 3 PE-X scheint es auch diffusionsdicht zu geben.

Dämmung

Während an den Seiten und unter dem Speicher natürlich keine Dämmung möglich ist, wird der Speicher oben mit 50cm Schaumglas gedämmt. Eine Sperrfolie verhindert, dass von oben Wasser in die Dämmung eindringt und schützt auch vor möglichem Eindringen von Regenwasser über die Bohrungen ins Grundwasser. Über der Folie wird wieder der ursprüngliche Mutterboden aufgetragen und der Bolzplatz bleibt somit bespielbar.

Wärmenetz

Länge

Das Wärmenetz umfasst folgende Straßen: Moischter Straße vom Friedhof bis Burgwaldstraße 490 m, Reinhardswaldstr.: 250 m, Mönchswaldstr.: 170 m, Odenwaldstr.: 250 m, Westerwaldstr.: 130 m, Kellerwaldstr.: 200 m, Burgwaldstr.: 250 m, Forsthausstr. bis Muldenweg: 480 m, Vogelherd bis Drosselstr.: 520 m, Amselstr. bis Drosselstr.: 360 m, Drosselstr.: 110 m, zusammen 3210 m. Dazu kommt noch die Verbindung vom Solarthermiefeld zum Speicher mit vielleicht 250m

Die genaue Auslegung des Netzes muss noch bestimmt werden. Es werden sicherlich verschiedene Durchmesser sein die zum Ende der Straßen geringer werden

Temperatur

Das Netz wird mit einer variablen Vorlauftemperatur betrieben. Für die Hausanschlüsse ist eine Mindesttemperatur von 45°C garantiert. Damit soll gewährleistet sein, dass gut isolierte Häuser mit Flächenheizung direkt mit dieser Temperatur arbeiten können. Auch die Warmwasserversorgung kann damit über eine Frischwasserstation erfolgen. In diesem Fall besteht die Hausübergabestation lediglich aus Wärmetauschern und entsprechenden Zirkulationspumpen.

Für Anschlüsse, die eine höhere Vorlauftemperatur benötigen, gibt es eine Hausübergabestation mit integrierter kleiner Wärmepumpe. Diese kann dann sehr effizient Temperaturen bis 70° liefern. Damit soll auch ein Ansporn geschaffen werden für Häuser, die zur Zeit mit z.B. 50° Vorlauftemperatur auskommen, durch zusätzliche Dämmung und Vergrößerung der Heizkörperflächen auch auf 40 Vorlauftemperatur herunterzukommen.

Die Hausübergabestationen sollen eine möglichst hohe Temperaturspreizung bewirken, um die Pumpleistung gering zu halten. Nach Möglichkeit soll das Netz ohne zentrale Zirkulationspumpe arbeiten. Die Hausübergabestationen entnehmen mit einer Pumpe das Wasser aus dem Netz. Damit ist es auch leicht möglich, dezentral an verschiedenen Stellen Wärme aus lokalen Sonnenkollektoren in das Netz einzuspeisen.

Solarthermie

Größe

Das Solarthermiefeld wird mit einer Größe von 3500m² bis 4000m² veranschlagt, wobei sich die Quadratmeterzahl auf die Kollektorfläche bezieht, die Aufstellfläche beträgt etwa das Doppelte. Mit 4000m² Kollektorfläche kann man etwa 2 GWh Wärme erzeugen. Vermutlich wird man einen relativ hohen Wirkungsgrad erreichen, da die Zulauftemperatur zu den Kollektoren etwa der Randtemperatur des Erdsondenfelds entspricht und mit etwa 20° sehr niedrig ist. Vermutlich wird man mit Flachkollektoren arbeiten, da diese preisgünstiger sind.

Betrieb

Da das Wärmenetz mit dem Erdsondenspeicher mit einfachem Wasser (Reinwasser) betrieben wird, also ohne Frostschutzmittel, wäre das für die Solarthermie auch erstrebenswert. Dann würde man besser mit Vakuumröhrenkollektoren arbeiten. Bei Minusgraden in der Umgebungstemperatur müsste Wasser vom Randbereich des Speichers durch die Kollektoren zirkulieren, damit es keine Frostschäden gibt. Der Vorteil: man kann mit einem geschlossenen Wasserkreislauf arbeiten, ohne Wärmetauscher zwischen den einzelnen Komponenten. Der Nachteil: man muss bei Minusgraden etwas Energie aufwenden, um die Kollektoren vor dem Einfrieren zu schützen.

Lage

Die Wiesen im Eselsgrund sind als „Potentialflächen für Photovoltaik“ von der Stadt Marburg ausgezeichnet. Die Möglichkeit zur Pacht müsste geprüft werden. Des weiteren gibt es noch Freiflächen, die aber eigentlich Bauland sind. Vermutlich wäre die Umwidmung problematisch.

Pufferspeicher

Der Pufferspeicher ist ein gedämmter Wasserspeicher in der Größenordnung von 100m³ bis 500m³. Über einen Wärmetauscher kann er Wärme aufnehmen und abgeben.

Leistungsspitzen der Solarthermie

Im Sommer kann die Solarthermie sehr hohe Temperaturen liefern. Für die Erdsonden sind solche Temperaturen eine zu hohe Belastung. Man kann zwar durch die Erhöhung des Volumenstroms in gewissen Grenzen die Temperatur regulieren. Der zwischen Sonnenkollektoren und Erdsondenspeicher geschalteter Pufferspeicher kann tagsüber die Wärme aus den Sonnenkollektoren aufnehmen und auf 24 Stunden verteilt gleichmäßig an den Erdsondenspeicher abgeben. Damit wird eine thermische Überlastung der Erdsonden vermieden.

Wärmepuffer in der Heizperiode

Der Pufferspeicher dient auch als Wärmepuffer während der Heizperiode. Wenn die Ausgangstemperatur des Erdsondenspeichers zu gering ist wird mit einer Großwärmepumpe die Temperatur entsprechend erhöht. Über einen variablen Stromtarif kann diese zentrale Großwärmepumpe den Pufferspeicher bei günstigen Strompreisen auf hohe Temperaturen aufladen, um Zeiten mit hohen Stromtarifen zu überbrücken. Das wirkt gleichzeitig Netz-stabilisierend.

Hausübergabestationen

Es wird verschiedene Arten von Hausübergabestationen geben: Bei den Anschlüssen, die mit geringer Vorlauftemperatur arbeiten können, besteht die Hausübergabestation nur aus einem Wärmetauscher. Bei den Anschlüssen, die eine höhere Vorlauftemperatur als 40° benötigen, befindet sich in der Hausübergabestation eine zusätzliche Wärmepumpe, die die 45° am Hausanschluss auf die benötigte Vorlauftemperatur anhebt.

Wärmepumpe in der HÜ

Die Wärmepumpe zum Anhaben der Temperatur von 45° auf die gewünschte Vorlauftemperatur ist leider kein Standardprodukt. Die Hausübergabestation muss auch in der Lage sein über einen Wärmetauscher die Vorlauftemperatur direkt ein das Haus einzuspeisen, wenn die Temperatur hoch genug ist.

Pumpe - Einspeisung

Das ganze Netz könnte „drucklos“ arbeiten: die Hausübergabestation holt sich aktiv mit einer Pumpe das Vorlaufwasser aus der Vorlaufleitung und führt es dem Rücklauf zu. Damit könnte die Hausübergabestation gleichzeitig zum Einspeisen in das Netz genutzt werden: vorhandene oder zusätzliche Sonnenkollektoren können über einen Wärmetauscher in das Netz einspeisen. Dazu läuft die Pumpe in der anderen Richtung.

Frischwasserstation

In der Hausübergabestation befindet sich die Frischwasserstation, ein Durchlauferhitzer für das Warmwasser, der mit den 45° über einen Wärmetauscher verbunden ist. Das sollte 40° am Wasserhahn bringen.

Zentrale Steuerung

Der zentralen Steuerung der Anlage kommen zahlreiche Aufgaben zu.

Speicher laden

Wenn über die Solarthermie mehr Energie erzeugt wird, als gerade verbraucht wird, wird der Überschuss in das System eingespeist. Dabei ist zu unterscheiden, ob in den Pufferspeicher oder das Erdsondenfeld eingespeist werden soll. Wenn die Temperatur hoch ist, wird man in den Pufferspeicher einspeisen. Ist die Temperatur am unteren Ausgang des Pufferspeichers noch höher als im Erdsondenfeld, dann wird man zusätzlich über das Erdsondenfeld einspeisen. Das Erdsondenfeld hat verschieden warme Zonen. Es muss darauf geachtet werden nur in die Zonen einzuspeisen, deren Temperatur geringer ist als die Netztemperatur am Ausgang des Pufferspeichers. Wenn die Temperatur aus der Solarthermie kleiner ist als die im Pufferspeicher, dann wird man direkt in den Erdsondenspeicher einspeisen. Vermutlich wird es ein Temperaturgefälle von Pufferspeicher oben zu Pufferspeicher unten zu Erdsondenfeld Mitte zu Erdsondenfeld außen geben, so dass man immer in die Zone einspeist, welche gerade eine geringere Temperatur hat, als das von der Solarthermie kommende Wasser.

Der Rücklauf wird immer von dem äußeren Ring des Erdsondenfelds gespeist, damit möglichst kaltes Wasser in die Solarthermie zugeführt wird. Das ergibt den höchsten Wirkungsgrad.

Speicher entladen

Im umgekehrten Szenario, also beim Entladen des Speichers wird man an der Zone entladen, die gerade über der geforderten Temperatur (meist 50°, damit am Hausanschluss 45° ankommen) liegt. Hier ist zu beachten, dass das aus dem Rücklauf kommende Wasser erst dort in das Erdsondenfeld eingespeist wird, wo sich höhere Temperaturen vorfinden. Der Rücklauf soll nicht zum Erwärmen des Erdsondenfelds dienen.

Speicher Nachtladung

An sehr sonnenreichen Tagen wird man wegen der begrenzten Aufnahmefähigkeit des Erdsondenspeichers nicht die gesamte Wärme der Sonnenkollektoren im Speicher unterbringen. So kann man Nachts überschüssige Wärme aus dem Pufferspeicher in das Erdsondenfeld überführen. Man vermeidet damit zu hohe Temperaturen an den Erdsonden.

Wärmepumpe

Die Wärmepumpe erfüllt verschiedene Aufgaben. Hauptsächlich dient sie zur Garantie der 45° Hausanschluss Temperatur, d.h. Wenn die Temperatur beim Entleeren des Speichers zu gering ist, wird mit der Wärmepumpe das Temperaturniveau angehoben.

Da die Wärmepumpe mit einem variablen Stromtarif und evtl. mit eigenem Photovoltaik Strom betrieben wird, kann sie bei Stromüberschuss oder bei günstigem Stromtarif den Pufferspeicher aufladen. Diese Berechnung, wann es günstig ist, zu laden, kann sehr komplex werden. Es hängt ab von der Entwicklung des Strompreises bzw. der Stromverfügbarkeit und des Wärmebedarfs. Beides ist natürlich abhängig vom Wetter, man muss also auch die Wettervorhersage in die Rechnung mit einbeziehen.

Druckbalance

Zur Aufrechterhaltung der Druckbalance des Netzes sollte es eine zentrale Pumpe geben, die bei hohem Wärmebedarf vom Speicher in die Vorlaufleitung pumpt, bei hohem Wärmeüberschuss in die andere Richtung, gesteuert durch den Druck im Ausgleichsbehälter.

Gleichzeitigkeitsfaktor

Wenn es Datenverbindungen zwischen der Steuerzentrale und den Hausübergabestationen gibt, dann kann das gleichzeitige Einschalten der Pumpen der Hausübergabestationen durch die Zentrale geglättet werden, indem die Zentrale kurze Zeitfenster für die einzelnen Hausübergabestationen vergibt.

 

Letzte Änderung: 26.07.23


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