Eure Fragen - unsere Antworten

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hier auch komplett zum Download bereit

1. Was ist unsere Nahwärme-Vision? Antwort zum Download: hier

Unser Nahwärmenetz könnte in etwa so aussehen:
• Ein großes Solarfeld mit rund 4000 m² Fläche sammelt im Sommer die Sonnenwärme, leitet sie weiter zu den Häusern, und speichert sie in einem Erdsondenspeicher.
• Unter unserem Bolzplatz befindet sich der Erdsondenspeicher: Er speichert im  Sommer die Wärme und gibt sie im Winter wieder frei. Dafür nutzen wir knapp 100 Bohrungen auf einer Fläche mit 50 m Durchmesser.
• Unser Pufferspeicher mit einem Fassungsvermögen von ca. 300 m³ Wasser dient dazu, tägliche Schwankungen zwischen Wärmeerzeugung und -bedarf auszugleichen.
• Wärme wird durch Rohrleitungen in unseren Straßen transportiert. Sie verbinden Verbraucher (also die Häuser) und Erzeuger (Solarfelder, Speicher, Wärmepumpe).
• Eine zentrale Wärmepumpe gewährleistet, dass stets Wasser von mindestens 45° zu den Häusern gelangt.
• Hausübergabestationen liefern Wärme für die Heizung und bereiten das Warmwasser auf. Für Gebäude mit erhöhtem Wärmebedarf verfügen diese Stationen über zusätzliche, kleine Wärmepumpen, die für die nötige Temperatur sorgen.
 

 2. Wird das nicht viel zu teuer? Antwort zum Download: hier

Ein solches Projekt hat natürlich seinen Preis. Aber es lohnt sich!
•   Die Machbarkeitsstudie hilft uns, die Erstellungskosten der Anlage zu ermitteln. Daraus leiten wir sowohl eine Grundgebühr als auch den Preis pro Kilowattstunde Wärme ab.
• Je mehr Bewohner sich dem Nahwärmenetz anschließen, desto günstiger wird es für jeden Einzelnen. Insbesondere, wenn die GWH mit ihren Wohnblocks dabei ist.
• Als Genossenschaft verfolgen wir kein Gewinnziel. Unsere Kosten bestehen hauptsächlich aus der Kreditrückzahlung und den Unterhaltungs- sowie relativ geringen Stromkosten.
• Anders als bei fossilen Brennstoffen oder Biomasse können wir die Energiekosten für die Zukunft zuverlässig planen. Der Großteil der Energie, fast 90%, stammt von der Sonne – und die
schickt uns keine Rechnung.
• Die Anfangsinvestition ist natürlich hoch, aber die BEWFörderung deckt 40% dieser Kosten. Sie unterstützt uns auch bei den Energiekosten in den ersten Jahren.
• Zudem ist es unbezahlbar, mit dem Wissen zu heizen, dass man zur CO2-Reduktion beiträgt. Es gibt ein gutes Gefühl, aktiv zum Schutz unserer Lebensgrundlage beizutragen. Das hat für
viele von uns einen besonderen Wert!

3. Warum sind so viele Bohrungen nötig? Antwort zum Download hier.

•    Unser Bolzplatz umfasst circa 5000 m². Für das Bohrfeld könnten wir eventuell die Hälfte, also 2500 m², nutzen. Bei einer Bohrtiefe von 100 m erhalten wir somit ein Volumen von 250.000 m³ für unseren Speicher. Ein Temperaturanstieg von 10° in diesem Volumen entspricht der jährlich benötigten Energie in unserem Quartier.
•    Die vielen Erdsonden sind entscheidend für schnelles Ein- und Ausspeichern der Wärme. Ohne ausreichende Sonden könnten wir die Wärme im Sommer nicht effektiv speichern. Im Winter gäbe es Probleme, sie rasch genug zu entnehmen.
•    Die Positionierung der Bohrungen im konzentrischen Kreisen minimiert den Wärmeverlust, da in der Mitte des Feldes die Wärmespeicherung intensiver ist als am Rand. Hierfür sind ebenfalls viele Sonden erforderlich.
•    Optisch bleibt alles unverändert: Die Bohrlöcher werden mit Erde bedeckt und der Bolzplatz
nach Abschluss der Arbeiten in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Oder wir machen ihn noch schöner und attraktiver!

4. Gefährden die Bohrungen das Grundwasser? Antwort zum Download hier.

Bohrungen sind in unserer Region weit verbreitet und normalerweise unbedenklich.
•    Es gibt klare Vorgaben, wann und wo gebohrt werden darf. Beispielsweise sind Bohrungen in Wasserschutzgebieten verboten. Für alle anderen Bereiche ist zwar eine Genehmigung erforderlich, doch diese wird in der Regel problemlos erteilt. Aktuelle Beispiele sind die Bohrungen in der Stettiner Straße und nächstes Jahr in der Burgwaldstraße.
•    Ein kritischer Aspekt bei Bohrungen ist die Verbindung unterschiedlicher Grundwasserschichten. Vermutlich ist dies beim Bolzplatz nicht der Fall ist. Letztendlich wird die Wasserbehörde nach einer Probebohrung entscheiden und eine Genehmigung erteilen.
•    Bei konventionellen Erdsonden wird ein Gemisch aus Wasser und Frostschutz verwendet, weil die Temperaturen im Winter unter 0° fallen können. Bei einer Leckage könnte dies das Grundwasser gefährden. Wir nutzen jedoch nur gereinigtes Wasser, da wir stets mit warmen Temperaturen arbeiten.
•    Unsere Bohrmethode stellt sicher, dass kein Oberflächenwasser in das Grundwasser
eindringen kann. Die Bohrungen werden oben isoliert und mit einer wasserdichten Folie versiegelt.

5. Geht das auch für Wohnungen ohne Fußbodenheizung? Antwort zum Download hier.

Ja, auch Wohnungen mit Heizkörpern können von unserem System profitieren.
•    Das Netz garantiert eine konstante Temperatur von mindestens 45°. Im Sommer, wenn die Sonnenkollektoren aktiv sind, kann diese Temperatur auch höher ausfallen. Im Winter gewährleistet die zentrale Wärmepumpe, dass diese Mindesttemperatur von 45° stets erreicht wird.
•    Wir streben an, das System bei möglichst niedrigen Temperaturen zu betreiben, um Netzverluste zu minimieren.
•    Wohnungen mit Fußbodenheizung können problemlos mit einer Vorlauftemperatur von 45° beheizt werden.
•    Für Wohnungen mit Heizkörpern benötigen wir oftmals eine höhere Vorlauftemperatur, oft über 60°. Hier kommt eine zusätzliche Wärmepumpe in der Hausübergabestation ins Spiel, die die nötige Temperaturerhöhung sicherstellt. Dabei ist kein Ventilator vor dem Haus notwendig.
•    Noch besser ist es, durch verbesserte Dämmung und Erweiterung der Heizkörperflächen die Vorlauftemperatur auf 45°zu reduzieren und die „kleine“ Hausübergabestation zu verwenden.

6. Warum gibt es solche Anlagen nicht schon überall? Antwort zum Download hier.

Obwohl die Vorteile offensichtlich sind, gibt es in Deutschland erst wenige Anlagen, die auf Solarthermie und saisonalen Speichern basieren.
•    In Neckarsulm und Crailsheim gibt es Erdsondenspeicher, jedoch nur als Ergänzung in konventionellen, also fossil betriebenen, Nahwärmenetzen.
•    Saisonale Wasserspeicher, wie sie in Dänemark verbreitet sind, benötigen entweder große Behälter oder ausgedehnte Flächen, was in dicht bebauten Gebieten oft nicht umsetzbar ist.
•    Praktisch alle Wärmenetze setzen weiterhin auf fossile Brennstoffe oder Biomasse, da diese historisch gesehen günstig und leicht verfügbar waren. So z.B. auch das Wärmenetz der Stadtwerke Marburg.
•    Es fehlt an Erfahrung mit saisonaler Speicherung. Aber wenn wir von fossilen Brennstoffen wegkommen wollen, bleibt kaum eine Alternative. Für flächendeckende Luft-Wärmepumpen gibt es im Januar nicht genug Strom.
•    Als Pilotprojekt könnte unser Projekt nicht nur unseren CO2 Ausstoß auf Null bringen, sondern auch als Blaupause für viele vergleichbare Nachbarschaften und Viertel dienen.

7. Woher kommt denn das warme Wasser im Nahwärmenetz? Antwort zum Download hier.

Normalerweise wird unser warmes Wasser von der Heizung produziert, aber wie wird das in unserem neuen System funktionieren?
neben der Heizung oder darin integriert. In vielen Fällen wird dieser Tank mit unserem System obsolet.
•    Eine Frischwasserstation wird für die Warmwasserversorgung verantwortlich sein. Hier funktioniert die Wasseraufbereitung ähnlich einem Durchlauferhitzer. Das mindestens 45° warme Netz-Wasser fließt durch einen Wärmetauscher und heizt das kalte Leitungswasser auf 40° auf – ausreichend zum Duschen, möglicherweise jedoch nicht optimal zum Geschirrspülen.
•    Eine weitere Option ist die Verwendung einer kleinen Wärmepumpe. Diese kann die Wassertemperatur weiter erhöhen und das Wasser in einem kleinen Tank speichern.
•    Wer bereits Sonnenkollektoren für die Warmwasseraufbereitung besitzt, kann diese weiterhin nutzen, müsste jedoch den vorhandenen Warmwassertank behalten.
•    Bei der Nutzung einer Frischwasserstation sind Legionellen kein Problem. Da das Warmwasser frisch produziert wird, haben Legionellen keine Zeit, sich zu vermehren.

8. Genossenschaft, Stadtwerke oder Investor? Antwort zum Download hier.

Welche Organisationsform ist für unser Projekt optimal?
•    Private Investoren: Ein Vorteil ist, dass das Risiko des Projekts vollständig beim Investor liegt. Da er gewinnorientiert arbeiten muss führt das potenziell zu höheren Energiepreisen für die Verbraucher. Und weil er dann ein Monopol für unser Quartier hat, kann er die Preise nach Belieben festlegen.
•    Stadtwerke: Als städtische Einrichtung haben Stadtwerke den Auftrag, sozialverträglich zu arbeiten. Dies könnte zu moderateren Energiepreisen für die Bürger führen. Allerdings haben die Stadtwerke Marburg kein Interesse für unser Projekt gezeigt. Sie konzentrieren sich z.Z. darauf, das bestehende städtische Netz bis 2030 auf 50% regenerative Energien umzustellen.
•    Genossenschaften: Diese Form der Organisation hat sich in der Region etabliert. Viele lokale Wärmenetze werden von Genossenschaften geführt, oft unter dem Namen "Bioenergie-Genossenschaft". Alle Mitglieder im Wärmenetz sind gleichzeitig Teil der Genossenschaft und
haben somit Mitspracherecht. Natürlich erfordert eine Genossenschaft auch Engagement und Organisation, meist auf ehrenamtlicher Basis. Doch sie bietet Transparenz und demokratische
Entscheidungsfindung – insbesondere bei der Preisgestaltung.

9. Wie lange dauert es bis zur Umsetzung? Antwort zum Download hier.

Wie lange müssen unsere alten Heizungen noch durchhalten, wann können wir von dem neuen Wärmenetz profitieren?
•    Aktuell befinden wir uns im Anfangsstadium. Die erste Phase der Machbarkeitsstudie sollte zum jetzigen Zeitpunkt, Herbst 2023, in Gang kommen. Sollten die Ergebnisse positiv ausfallen, folgt eine detailliertere Untersuchung des Untergrunds zur Eignung für den Erdsondenspeicher.
•    Im Anschluss gilt es, so viele Interessenten wie möglich für die Genossenschaft zu gewinnen. Dabei ist zu beachten, dass die Mitgliedschaft an eine finanzielle Beteiligung gekoppelt ist. Diese deckt im Gegenzug den Hausanschluss und die Übergabestation ab und wird erst fällig, wenn genügend Mitglieder gefunden sind.
•    Ein weiterer zeitlicher Unsicherheitsfaktor ist die Verfügbarkeit von Fachkräften. Vor allem im Tiefbau und bei Bohrungen sehen wir aktuell Kapazitätsengpässe.
•    Es sind noch viele Schritte und es gilt noch viele Herausforderungen zu meistern,
bevor unser Projekt vollständig umgesetzt ist. Aber nicht mutlos werden! Mit gemeinsamem Engagement und Durchhaltevermögen können wir unser Ziel erreichen und einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft leisten.

 

Letzte Änderung: 07.11.23


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